Liebe Community,
Im Rahmen einer Kernsanierung zum BEG Effizenzhaus 55 plane ich die Umstellung auf eine Vitocal 300-G, eine Photovoltaikanlage mit Batteriespeicher und eine Wallbox. Für eine effizientes Zusammenspiel zwischen Wärmepumpe und Photovoltaik hatte ich bisher die Nutzung des 3-phasigen Energiezählers vorgesehen und Eigenstromnutzung dem Wärmestromtarif vorgezogen.
Nun hat mich mein Elektriker auf zwei Dinge aufmerksam gemacht: Zum einen ist es möglich der Wärmestromtarif nicht nur für die Wärmepumpe, sondern auch für die Ladung unseres Elektroautos zu nutzen. Zum Anderen bietet unser Netzbetreiber ein neues Messkonzept, dass sowohl Eigenstromnutzung und steuerbare Verbraucher (WP und Wallbox) erlaubt:
Nun würde ich gerne von beiden Vorteilen profitieren. In der Serviceanleitung zur Vitotronic 200 sehe ich jedoch folgenden Hinweis:
Deshalb meine Fragen:
Gibt es eine Möglichkeit mit der Vitocal 300-G Photovoltaik und EVU-Sperre zu kombinieren?
Falls nein, arbeitet Viessmann an einer Implementierung?
Vielen Dank.
Bastian
Hallo Bastian,
ja, das ist möglich. Du kannst dies über die Smart Grid Funktion machen. Der von uns erhältliche 3-phasige Energiezähler zur PV-Funktion wird in Verbindung mit Batteriespeicher nicht gehen.
Zudem könntest du auch mit der Gridbox die Visualisierung vornehmen und darüber in Verbindung mit der Vitoconnect ebenfalls die Smart Grid Funktion aktivieren.
https://connectivity.viessmann.com/de-de/gridbox.html
Nachfolgend findest du die Erläuterung, wie du die Funktion direkt nutzen kannst. Die EVU-Sperre ist dabei mit enthalten.
Über die Kontakte 216.1 (B) bzw. 216.4 (A) kann die SmartGrid-Funktion direkt an der Wärmepumpenregelung ausgeführt werden. Die Ansteuerung erfolgt dabei über ein separates Schütz, welches einen potentialfreien Kontakt zwischen X3.1 und 216.1 (B) bzw. 216.4 (A) herstellt.
Hinweis:
- Falls Smart Grid an die beiden Digital-Eingänge auf der Grundleiterplatte angeschlossen ist („Freigabe Smart Grid 7E80“ auf „4“), darf die externe Aufschaltung für die Heiz-/Kühlkreise nicht eingeschaltet werden („Fernbedienung 2003“ auf „2“). Sonst ist Smart Grid nicht aktiv.
- Die EVU-Sperre ist im Funktionsumfang von Smart Grid enthalten. Daher darf in diesem Fall das EVUSperrsignal nicht an den Anschlüssen X3.6 und X3.7 angeschlossen werden.
Die Funktionen die darüber ausgeführt werden können, sind folgende:
■ kein Kontakt geschlossen: Wärmepumpe ist im Normalbetrieb
■ Kontakt (A) geschlossen: EVU-Sperre
- Verdichter AUS
- Heizwasser-Durchlauferhitzer kann eingeschaltet werden („Leistung für Heizw.-Durchlauferh. bei EVU-Sperre 790A“).
■ Kontakt (B) geschlossen: Betrieb der Wärmepumpe mit angepassten Temperatur-Sollwerten für verschiedene Funktionen. Die Änderungen werden mit folgenden Parametern eingestellt:
- Trinkwassererwärmung: „Smart Grid Sollwertanhebung für Warmwasserbereitung 7E91“
- Beheizung Pufferspeicher: „Smart Grid Sollwertanhebung für Heizwasser-Puffersp. 7E92“
- Raumbeheizung: „Smart Grid Sollwertanhebung für Raumtemperatur Heizen 7E93“
- Raumkühlung: „Smart Grid Sollwertabsenk. für Raumtemperatur Kühlen 7E95“
- Der Verdichter schaltet sich nur bei Bedarf ein. Die gültigen Einschaltbedingungen für die jeweilige Funktion müssen erfüllt sein. Für die jeweilige Funktion muss im Zeitprogramm eine Zeitphase aktiv sein.
- Auf die Zusatzheizungen haben die angepassten Temperatur-Sollwerte keinen Einfluss. Die Zusatzheizungen werden bei den Grenzen ausgeschaltet, die ohne Smart Grid gelten.
■ Kontakt (A) und (B) geschlossen: Die Anlagenkomponenten werden auf die eingestellten max. Temperaturen beheizt oder auf die Mindesttemperaturen gekühlt. Der Verdichter schaltet sich
sofort ein, auch wenn keine Zeitphase im Zeitprogramm aktiv ist.
Max. Temperaturen für verschiedene Funktionen:
- Trinkwassererwärmung: „Max. Warmwassertemperatur 6006“
- Beheizung Pufferspeicher: „Max. Temperatur Pufferspeicher 7204“
- Raumbeheizung: „Max. Vorlauftemperatur Heizkreis 200E“
- Raumkühlung: „Min. Vorlauftemperatur Kühlung 7103“
- Zum Erreichen der max. Temperaturen darf der Heizwasser-Durchlauferhitzer eingeschaltet werden. Die max. Stufe ist einstellbar („Smart Grid Freigabe E-Heizung 7E82“).
- Auf die übrigen Zusatzheizungen, z. B. externer Wärmeerzeuger haben die max. Temperatur-Sollwerte keinen Einfluss. Die Zusatzheizungen werden bei den Grenzen ausgeschaltet, die ohne Smart Grid gelten.
- Die Anlagenkomponenten werden nacheinander gemäß den festgelegten Prioritäten beheizt oder gekühlt, z. B. Trinkwassererwärmung vor Raumbeheizung.
- Die „Ausschaltgrenze Wärmepumpe bivalenter Betrieb 7B0F“ wird auf –30 °C verschoben, sodass die Wärmepumpe auch bei niedrigen Außentemperaturen in Betrieb bleibt.
Viele Grüße
Flo
Hi Flo,
Vielen Dank für deine Antwort.
Mein Ziel ist es den Netzbezug zu minimieren. Deshalb stelle ich mir vor, dass die Wärmepumpe variabel auf überschüssigen Strom im Haus reagieren kann. Bei EVU-Sperre sollte die Wärmepumpe entweder generell abstellen oder (in einer idealen Welt) variabel mit dem Überschuss im Haus weiterarbeiten und erst abstellen wenn nicht genug Überschuss vorhanden ist.
Zwei Dinge sind mir in deiner Antwort noch unklar:
Vielen Dank für Aufklärung.
Viele Grüße,
Bastian
Hallo Bastian,
lohnt sich in deinem Fall überhaupt ein Stromtarif mit Unterbrechung??
Was sparts du da, was kostet der spezielle Zähler zusätzlich?
VG Michael
Die Schaltung muss vor Ort natürlich so vorgenommen werden, dass sollte die EVU-Sperre aktiv sein, dass der Wechselrichter den zweiten Kontakt nicht freigibt. Bedeutet, bei EVU-Sperre wird dieser mögliche Kontakt unterbrochen.
Stromspeicher und 3-phasiger Energiezähler ist zusammen so nicht möglich. Eine Steuerung, wie du sie dir wünscht, dass die Wärmepumpe abschaltet, wenn kein Eigenverbrauch vorhanden ist, ist nicht möglich. Denn in dem Fall würde es ja dazu kommen, dass das Haus kalt wird oder bei der Warmwasserbereitung nicht nachgeheizt wird. In erster Linie ist es ja das Ziel der Wärmepumpe wärme zu liefern.
Viele Grüße
Flo
Hi Michael,
Das ist tatsächlich eine gute Frage, die ich auch noch nicht abschließend beantworten kann. Momentan sieht es für mich so aus, dass dieses Konzept zwar netzdienlich (mehr regelbare Verbraucher) und damit politisch gewollt aber technisch noch nicht (sauber) umsetzbar ist. Falls sich herausstellt, dass es technisch (sinnvoll) umsetzbar ist würde ich das ökonomisch nochmal genau anschauen wollen.
Aber schon Mal ein paar Randüberlegungen:
Die Stromverteilung wird ohnehin runderneuert, deshalb schätze ich die extra Installationskosten als weniger erheblich. Der notwendige Rundsteuerempfänger kostet einmalig 351€ (brutto). Im Vergleich zur Überschusseinspeisung ist meinem Verständnis nach ein weiterer Zähler notwendig mit entsprechenden (noch unbekannten) Mehrkosten.
Unser örtlicher Energieversorger (es gibt sicher günstigere) bietet den Heizstrom 6,58 ct/kWh günstiger an. Spannend ist nun, dass wir den Heizstrom für unsere Wärmepumpe und unser Elektroauto (alle regelbaren Verbraucher) nutzen dürfen. Wenn ich überschlägig für alle regelbaren Verbraucher einen jährlichen Netzbezug von 5000kWh annehme habe ich ein Ersparnis von 329€ im Jahr. 2023 kommt ein zweites Elektroauto dazu.
Je nach Autarkiegrad (erste Priorität), einmalige und laufende Zählerkosten, regelbarer Verbrauch, Entwicklung des Heizstroms etc. fällt die Rechnung und Amortisationzeit natürlich anders aus.
Netztechnisch und ökonomisch scheint mir die Option aber erstmal interessant, weshalb ich gerne weiterhin in Erfahrung bringen möchte ob sie sinnvoll umsetzbar ist. Danke für Antworten dazu! Ich freue mich aber auch über eine Diskussion der Sinnhaftigkeit.
Viele Grüße,
Bastian
Hallo Bastian,
6,58 ct/kWh ist sehr günstig. 🙂 dann verstehe ich es.
Ein Heizstromtarif ist ungleich Wärmepumpentarif mit z.b. 2 mal 2h Unterbrechung.
Heizstrom heißt für mich deine WP darf z.b. nur von 23 Uhr bis 5 Uhr laufen.
Oder wie ist das bei deinem Heizstromtarif??
Wenn die WP nur 6 Stunden am Tag laufe darf, muss sie um den Faktor größer dimensioniert sein.
VG Michael
Hi Michael,
leider kostet der Strom dann doch mehr als 6,58 ct/kWh, aber eben 6.58 ct/kWh weniger als der normale Hausstrom 🙂 Meine Ausdruck oben war falsch. Es handelt sich um den Wärmepumpentarif mit entsprechenden Unterbrechungen (max. 2 mal 2h täglich) wie du meintest.
VG,
Bastian
Da habe ich mich wohl missverständlich ausgedrückt. Ich wünsche mir folgendes:
Definitionen
Fall 1: kein Stromüberschuss, keine EVU-Sperre
Die Wärmepumpe läuft im Normalbetrieb (Standardsollwerte) mit Wärmepumpenstrom
Fall 2: Stromüberschuss, keine EVU-Sperre
Die Wärmepumpe nutzt variabel den Stromüberschuss (erhöhte Sollwerte). Falls die normalen Sollwerte unterschritten werden wird der benötigte Differenzstrom als Wärmepumpenstrom bezogen.
Fall 3: kein Stromüberschuss, EVU-Sperre
Der Verdichter ist gesperrt.
Fall 4: Stromüberschuss, EVU-Sperre
Die Wärmepumpe nutzt variabel den Stromüberschuss ohne Bezug aus dem Netz.
Ich weiß es ist hier nicht wünsch-dir-was, aber mir scheint dies eine sinnvolle Nutzung der technischen Möglichkeiten...
Danke fürs Mitdenken.
Grus,
Bastian
Über Smart Grid ist keine gezielte Leistungsanforderung möglich. Bei dem 3-phasigen Energiezähler wäre es möglich, dies aber nur, wenn der normale Sollwert bereits erreicht ist. Zudem wird er nie weiter runter modulieren, als die Mindestleistung hergibt. Deshalb kann es sein, dass dabei Strom aus dem Netz gezogen wird.
Wenn EVU-Sperre ist, ist die Wärmepumpe gesperrt. Bei der Smart Grid-Funktion kann übrigens der Elektro-Durchlauferhitzer mit freigegeben werden, um den überhöhten Sollwert erreichen zu können. Dies macht aber nur sinn, wenn der Sollwert so viel höher wäre, dass die Wärmepumpe es selbst nicht erreich kann und der Verbrauch gegenüber des gelieferten Ertrags nicht so hoch ist, dass zu viel Strom aus dem netz gezogen wird.
Viele Grüße
Flo
Hallo Bastia,
für KFW 55 und 200 m2 und 200k WW komme ich überschlagsmäßig auf 2500 kWh/a für die WP
Das sind dann mit dem WP Tarif ca. 150€/a weniger.
Mit PV Nutzung wird die Einsparung noch weniger sein.
Wenn 2 Elektroautos mit dran hängen, mag es sich lohnen, wenn du die nicht bei Sonne laden kannst.
VG Michael
Im Prinzip entspricht mein Wunsch fast folgendem Schema:
https://static.viessmann.com/vires/vitodesk/schemes/4803783_02/Documents/4803783_2105_02.pdf
Leider ist für mich die Funktion der Gridbox nicht wirklich transparent. Gibt es eine Möglichkeit mit den Schemenersteller in Kontakt zu treten?
Danke.
Bastian
Die Möglichkeit mit dem Ersteller der Schemen in Kontakt zu treten besteht nicht.
Viele Grüße
Flo
Hallo zusammen,
kann die evu sperre nun mit Eigenstrom aus PV umgangen werden oder ist der Verdichter dann immer gesperrt? Konkret gefragt hat die evu sperre immer Vorrang?
Gruß Björn
Nein, diese kann damit auch nicht umgangen werden. Denn je nach Einstellung könnte so ein Betrieb ermöglicht werden, dass ein geringer Anteil an Eigenverbrauch vorhanden ist, der Großteil aber trotzdem aus dem Netz bezogen wird.
Viele Grüße
Flo