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wir haben letztes Jahr gebaut und sind vor 6 Monaten eingezogen. Unser Haus hat eine Vitocal 200-S AWB-E-AC 201.D16 Wärmepumpe.
Am Anfang beobachtet man ja immer viel die App und schaut sich die Daten an. Dabei ist uns aufgefallen, dass die Anzahl Verdichterstarts zu Betriebsstunden sehr schlecht ist. Wir haben aktuell 10.808 Starts und nur 1.117 Betriebsstunden über die ganze Zeit. Wenn man sich die Daten im Verlauf ansieht, ist aber zu vermuten, dass das Verhältnis auf über 10 ansteigen wird.
Wir haben mittlerweile die Vermutung, dass unsere Wärmepumpe überdimensioniert ist und dadurch die vielen Starts resultieren. Unser Fachbetrieb sagt aber die Wärmepumpe wäre so von Viessmann ausgelegt worden.
Müssen wir einen Sachverständigen suchen um die Auslegung nachberechnen zu lassen oder gibt es da einfachere Wege?
Viele Grüße
Kai
Hallo Kai
Schau als erstes auf das Typen Schild des Aussengeräts. Das ist vermutlich keine D16.
Meist trägt eine zu hohe Heizkurve zu dem Verhalten bei. Wie ist diese aktuell?
Gibt es einen Heizungs Puffer? 46 Liter 200 Liter?
VG Michael
Hallo Kai,
eigentlich kann man eine korrekte Auslegung auch ganz gut durch den Wärmebedarf aus Heizlastrechnung (oder Energieausweis) mit Hilfe weiterer Informationen über Wohnfläche, U-Werte von Bodenplatte, Dache, Wänden und Fenstern, sowie den Aufbau von Heizkreisen und Pufferspeicher selber abschätzen. Mach dazu doch mal ein paar Angaben.
Ansonsten ist ein Faktor von 10 Starts pro Stunde Laufzeit für eine LW-WP aber schon ein gewisses Indiz, dass zumindest die WP Steuerung oder aber der Aufbau der Hydraulik nicht optimal sind. Um das beurteilen zu können sind aber auch mehr Informationen über Aufbau der Heizung und Rahmenbedingungen notwendig.
Gruss Gwyn
Hallo Michael,
ich habe folgende Geräteschilder gefunden:
Außeneinheit: Hier musste ich den QR Code scannen, da niemand den Haken am Model auf dem Schild gemacht hat, mir wurde dann auf der Seite aber folgender Typ angezeigt: Vitocal 200-S AWB-AC-M 201.D10
Haupteinheit (Wärmepumpe?): Vitocal 200-S AWB-E-AC 201.D16
Heizwasser-Pufferspeicher: Vitocell 100-W SVPA, Speicherinhalt: 46l
Speicher-Wassererwärmer: Vitocell 100-V CVAB, Trinwasser: 300l, Heizwasser: 10l
An den Einstellungen hat mein Installateur und der Viessmann Kundenservice schon mehrfach rumgestellt. Ich habe aber leider keine Ahnung wie ich die Heizkurve sehe.
Hilft das?
Viele Grüße
Kai
Hallo Gwyn,
ich bin da leider totaler Leihe, kann dir aus dem Wärmeschutznachweis aber mal ein paar Daten geben:
Wärmeübertragenede Umfassungsfläche A: 449,9 m²
beheiztes Gebäudevolumen Ve: 614,3 m³
Verhältnis A/Ve: 0,73 m-1
Gebäudenutzfläche: 196,6 m²
Wohnfläche: 168,10 m²
Jahres-Primärenergiebedarf: Zulässiger Höchstwert: 56,66 kWh/m², Berechneter Wert: 36,16 kWh/m²
Boden EG: U-Wert: 0,188
Boden DG: U-Wert: 0,164
Wände: U-Wert: 0,207
Fenster: U-Wert: 0,900
Fehlt da noch etwas? Oben hatte ich zur Wärmepumpe noch Angaben gemacht.
Viele Grüße
Kai
Hallo Kai,
das hört sich dann doch nicht "so schlimm" an.
Oft wir die 201.D10 genommen, weil man mit der D08 keine Förderung bekommt.
D16 Innengerät passt zu dem .D10 Außen Gerät, das für die max. Leistung verantwortlich ist.
Vitocell 100-W SVPA ist auch ok.
Stell bitte Heizkurve auf Neigung 0,3 und Nivea 0. Raumsoll Temp 20 Grad.
In den Räumen stellst du für die Einregulierungsphase die Raumsoll Temp höher als gewünscht z.b. 23 Grad
nur so bekommt du mit ob die Heizkurve nicht in Wirklichkeit zu hoch ist.
Wenn die WP läuft und du die Raum Thermostate hochgesellt hast, gehst du zu den Verteilern der FBH und liest dort die Schwimmer der Heizkreise ab.
Notierst alles und postest die Werte.
Hier müssen wir über 1300l/h kommen.
Dann kann man evtl noch das Überströmventil anpassen.
VG Michael
Wenn du deine Daten hier einträgst,
https://grabenkollektor.waermepumpen-verbrauchsdatenbank.de/enev-heizlast.html
Der Ht Wert für den mittlere U wert sollte auch auf dem Wärmeschutznachweis zu finden sein.
kommst du vermutlich auf eine max Heizlast von 5 kW
Die D.10 hat grob doppelt so viel Leistung.
Wie gesagt mit der D.06 oder 08 bekommt man bei diesem alten Modell keine Förderung.
Bei dem Modell hast du jetzt auch den Nachteil einer jährlichen Dichtheitsprüfung durch einen zertifizierten Kältetechniker und du musst ein Anlagenbuch führen.
Hallo Michael,
danke für die vielen Infos und deine schnellen Rückmeldungen.
Was genau meinst du denn mit "altem" Modell? Gibt es bereits neuere die weniger Leistung haben und gefördert werden würden? Die Anlage ist ja erst aus 2022.
Und kannst du sagen ob diese größere Auslegung zum Erreichen der Förderung ein Viessmann Thema ist oder bei vielen Herstellern besteht?
Viele Grüße
Kai
Hallo Kai,
seit Ende 2022 gibt es die neue 200-S mit Kältemittel R32
Das Kältemittel bei deiner 200-S ist das ca 15 Jahre alte R410a mit relative hohem Treibhauspotential.
Deswegen muss bei dem Modellen mit 2 Ventilatoren (wie deine D10) jährlich eine Dichtheitsprüfung durch einen zertifizierten Kältetechniker durchgeführt werden. Du muss ein Anlagenbuch führen, in dem diese Prüfung schriftlich genau dokumentiert werden.
R32 hat weniger Treibhauspotential, da ist das nicht nötig.
Das hat nichts mit der größere Auslegung zu, sondern mit der größeren Wärmetauscher-Fläche der D10.
Der Wert für die JAZ, den die Hersteller angeben, berücksichtig aber nicht, dass deine Anlage jetzt wegen der Überdimensionierung stark taktet und in der Realität viel mehr Strom verbraucht als die auf dem Papier schlechtere D08.
VG Michael
Hallo Kai,
Michaels Antwort die Heizkennline zu verändern und die ERR auf 23°C zu stellen ist ein guter Anfang aber auch nur ein Teil der ganzen Geschichte. Daher hier noch meine Antwort:
Also nach Volumen und Fläche ist dein Haus quadratisch, praktisch, gut und hat eine nahezu optimales Verhältnis von Volumen und Außenfläche. Das sorgt bei guter Dämmung für eine sehr geringen Wärmebedarf. Ich würde diesen auf <4,5kW schätzen, wenn du nicht sehr große Fensterflächen hast - zur genauen Berechnung fehlen die Fensterflächen.
Eine Vitocal 200-S AWB-E-AC 201.D06 wäre daher wohl die deutlich bessere Variante gewesen.
Das dumme ist, dass die minimale Wärmeleistung der D10 etwa 4,4kW beträgt bzw. bei einer von AT 5-10°C eher 6-8kW, während die D6 nur 2,4kW bzw. bei AT 5-10°C etwa 4-5kW. Dadurch taktet die D10 jetzt natürlich in den Übergangzeiten deutlich stärker als es die D6 bei korrekter Auslegung möglich gemacht hätte.
Egal, bei einer FBH, die im optimalen Fall nach dem flow30 Prinzip ausgelegt ist, kann man das Problem der Überdimensionierung bei passender Einstellung der WP für einen Betrieb mit minimaler ERR aber kompensieren. Der Trick besteht darin während eines Heiztaktes die möglichst maximale Energie in die FBH zu übertragen.
Bei 168m² FBH mit 7cm Estrich lassen sich so bei einer Hysterese von nur 2K (für angenehm gleichmäßige Raumtemperaturen) etwa 13kW von der WP in deine FBH übertragen, wofür die D10 etwa 1,5 bis fast 2 Stunden bei minimaler Leistung laufen würde, die D6 2,5 bis 3 Stunden.
Das Problem ist, dass deine WP dafür einen relativ hohen Volumenstrom von 1,3m³/h benötigt. Dieser erfordert, dass die Hydraulik richtig eingestellt ist und im Betrieb nahezu alle ERR offen stehen. Leider ist die Hydraulik oft nicht optimal und die Heizkennlinie zu hoch eingestellt, wodurch die ERR schnell dicht machen und die WP im Minuten Bereich zu takten beginnt. Im schlimmsten Fall bekommt die WP beim Anlaufen die Wärme nicht schnell genug übertragen und schaltet wieder ab.
Um dieses zu verhindern, muss du daher zuerst ein thermischer Abgleich durchführen und die Heizkennlinie so optimieren, dass alle Räume ihre Idealtemperatur ohne Regler genau erreichen. Dieses passiert am besten bei ATs <5°C - eine genaue Einreglung kann also erst in der nächsten Heizperiode erfolgen. Eine Anleitung zum thermischen Abgleich findet man unter Haustechnik Dialog und bosy-online.
Danach muss noch die Heizgrenztemperatur ermittelt werden ab welcher das Haus keine Heizunterstützung mehr benötigt bzw. ab welcher bereits bei minimaler Leistung eine Überhitzung eintritt. In unserem Haus liegt die Heizgrenze z.B. bei 10°C.
Hier kann es auch sinnvoll oder notwendig sein die Hysterese der Heizkennlinie anzupassen. Unser Haus hat z.B. große Fenster, die im März und April eine Menge Sonnenenergie einfangen. Um eine Überhitzung der Räume hierdurc eingestellt, wodurch die ERR schnell dicht machen und die WP im Minuten Bereich zu takten beginnt. Im schlimmsten Fall bekommt die WP h zu vermeiden, wird die FBH in einem engen Temperaturband auf die Sonneneinstrahlung reagierend geführt. Dieses kann man am besten durch eine Rücklaufsteuerung mit einer Spreizung von nur 2K auf Basis des Selbstregeleffekt erreichen.
Viel Erfolg beim Optimieren!
Gruss Gwny